Gedanken (Kathrin Minge)

Was sind Gedanken?

Es sind Seelenbahnen ohne Schranken

Sie fahren wie Züge hin und her

Manchmal auch kreuz und quer

Du kannst sie nicht fassen

Und doch musst du sie zulassen

Sie umkreisen dich wie ein hungriger Vogelschwarm

Du kannst nicht ohne sie leben

Weil sie dir so viel Sicherheit geben

Wie ein altes Waschweib mischen sie sich in dein Leben ein

Du willst sie verdrängen das geht doch nicht oh nein

Lass sie in jedem Falle zu

Aber ob sie gut für dich sind das entscheidest ganz allein du

Die fliegende Raupe (aus dem Buch "Der furchtsame Schmetterling und andere Mutmachermärchen - von Grit Kurth/Roswitha Geppert)

...  die kleine Raupe wurde durch einen sanften Windhauch geweckt. Als sie aufblickte, gewahrte sie einen bildschönen Schmetterling, dessen filigrane Flügel in einem satten Orange leuchteten. Der Schmetterling schaute sie neugierig an. "Was bis du denn für ein Exemplar"?, fragte er schließlich. "Ich..." Die Raupe wusste keine Antwort. Kein Auge konnte sie abwenden von dem herrlichen Schmetterling. Wenn er sie doch nur auch so wunderbar finden würde, so majestätisch, so unglaublich. Sie hatte sich tatsächlich ein bisschen in ihn verliebt. "Ich bin auch so wie du", sagte sie schließlich. "Ich habe Flügel wie du, ich war mal eine Raupe wie du. Wir sind uns ganz gleich. Erstaunt schlug der Schmetterling seine Flügel auf und ab. "aber nein, da irrst du dich. Was immer du darstellst, ein Schmetterling bis zu gewiss nicht. Du riechst nicht wie wir. Du hörst dich nicht so an und trotz deiner Flügel siehst du eigentlich auch nicht so aus." Da senkte die kleine Raupe den Blick. "Du findest mich also gar nicht hübsch?" "Nun, hübsch bis du vielleicht ...

 

Der Schutzengel

... "Oh, Schneeflöckchen, entschuldige! Ich habe dich wirklich nicht bemerkt. Sitzt du schon lange da?" "Jedenfalls lange genug, um mir eine Meinung über dich zu bilden. Wer hat dich eigentlich nur zu einem Schutzengel ernannt? So untätig, wie du bis. Müsstest du nicht eigentlich einen Menschen bei dir haben? Was schläfst du hier alleine auf dem Feld?" Der Engel seufzte tief. "Wir können nicht schlafen. Und, was ich kurz vergessen hatte, wir können wohl tatsächlich auch nicht sterben. Die Schneeflocke räkelte sich. "Du bis wahrhaftig ein seltsames Exemplar. Nun erzähl schon. Was ist dir denn geschehen?". Und der Schutzengel begann, von seinem Unglück zu berichten. Als er seine Greta erwähnte, war es ihm, als wachse ein schwerer Felsen in seiner Brust. Vielleicht sollte er sich tatsächlich für immer hier niederlegen, unsichtbar für die Lebenden in der Welt. Doch da sprach die Schneeflocke: "Kurz bevor ich vorhin mit meinen Freundinnen aus der dicken Wolke sprang, zogen wir über die kleine Stadt hinweg. Dabei haben wir ein hohes graues Haus gesehen, mit großen, hell erleuchteten Fenstern. Hinter den Fensterscheiben standen lauter Betten, und in den Betten ruhten sich Menschen aus, kranke Menschen. Eine junge Frau wurde gerade in das Haus hineingetragen. Sie hatte blondes, schimmerndes Haar, und sie sah sehr blass aus. Aber sie lebt. Könnte das deine Greta gewesen sein ?" Den Schutzengel traf es wie ein Schlag. "Sie lebt, meinst du? Sie lebt? Täuscht du dich auch nicht? Meine Greta lebt?" Das Schneeflöckchen funkelte hell ...

 

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